Menschenrechte müssen politisches Handeln leiten

Berlin: Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert Bund und Länder auf, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an den Menschenrechten auszurichten. Auch die LIGA Selbstvertretung betonte, dass die Menschenrechte behinderter Menschen derzeit die Leitlinie für die verschiedenen Unterstützungsmaßnahmen sein müssen. Vor allem behinderte Menschen, die zu Hause leben, dürften bei dem in Deutschland noch vorherrscheinden traditionellen Blick auf Einrichtungen nicht vergessen werden.

„Menschenrechte müssen das politische Handeln leiten. Auch in dieser sehr schwierigen Krisensituation gelten die Grund- und Menschenrechte vollumfänglich weiter“, erklärte Beate Rudolf, Direktorin des Instituts. „Einschränkungen sind zeitlich eng zu begrenzen und ihre Wirksamkeit und Auswirkungen müssen genau beobachtet werden, um gegebenenfalls nachzusteuern.“ In seiner aktuellen Stellungnahme lobt das Institut das Bemühen von Bund und Ländern, bei der Ausgestaltung von Kontaktbeschränkungen die betroffenen Grund- und Menschenrechte sorgfältig miteinander abzuwägen, sowie ihr Bestreben, Menschen in schwierigen und prekären Lebenssituationen zu unterstützen.

„Die Menschenrechte verlangen, dass staatliche Maßnahmen in Krisensituationen nicht diskriminieren. Der Diskriminierungsschutz ist nicht ausgesetzt “, erklärte Michael Windfuhr, Stellvertretender Direktor des Instituts. Alle Maßnahmen müssten Menschen in verletzlichen Lebenslagen besonders in den Blick nehmen wie beispielsweise ältere Menschen, Kinder und Jugendliche, obdachlose und wohnungslose Menschen, Menschen mit Behinderungen, Geflüchtete sowie Menschen in beengten Wohnverhältnissen. Das Institut ruft die Politik dazu auf, die entsprechenden Hinweise, Warnungen und Vorschläge der zivilgesellschaftlichen Organisationen zu hören und bei der Ausgestaltung von Maßnahmen zu berücksichtigen.

Link zur Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/show/corona-krise-menschenrechte-muessen-das-politische-handeln-leiten/

Die LIGA Selbstvertretung unterstützt die Forderungen des Menschenrechtsinstituts. Das Bündnis von Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen weist darauf hin, dass behinderte Menschen, die zu Hause leben, derzeit erhebliche Herausforderungen meistern müssen. Atemschutzmasken und Schutzkleidung für Assistent*innen seien schwer zu kriegen, soziale Dienste schränkten zum Teil Hausbesuche ein, obwohl es hierfür Möglichkeiten gäbe. Darunter litten beispielsweise behinderte Eltern und Menschen mit psychischen Herausforderung besonders. Gerade für Menschen mit psychischen Herausforderungen sei der Austausch in Treffpunkten durch die Ausgangsbeschränkungen weggebrochen. Den Betroffenen bleibe zum Teil nichts anderes übrig, als stationäre Hilfe zu suchen.

Vor allem diejenigen, die ihre Assistenz oder ihre Hilfen selbst organisieren, seien bei eigenen Erkrankungen oder Infektionen im Assistenzteam erheblich herausgefordert. Es gelte hierauf genauso den Blick zu richten, wie auf Herausforderungen von Alten- und Behinderteneinrichtungen, und vor allem Unterstützungen anzubieten. Das Corona-Sofort-Förderprogramm der Akion Mensch für Assistenzdienste sei ein guter Anfang, müsse im Bedarfsfall aber auch bei denjenigen ankommen, die ihre Hilfen unabhängign von solchen Diensten selbst organisieren, betonten Vertreter*innen der LIGA Selbstvertretung. Hier hoffe man auf Kooperationen vor Ort.