Unabhängige Beratung: LIGA appelliert an Länder

Berlin: In einem Schreiben an die SozialministerInnen der einzelnen Bundesländer appelliert die LIGA Selbstvertretung als Dachorganisation der Selbstvertretungsverbände behinderter Menschen in Deutschland dafür, dass die Länder dafür sorgen, dass die unabhängige Beratung und das damit verbundene Peer Counseling entsprechend dem Bundesteilhabegesetz umgesetzt wird.

Im folgenden dokumentieren wir den Brief, den die Sprecherin Dr. Sigrid Arnade und der Sprecher Otttmar Miles-Paul im Namen der LIGA Selbstvertretung an die Landesministerin verschickt haben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

als LIGA Selbstvertretung beobachten wir mit großer Sorge die ersten Umsetzungsschritte zur Einführung einer ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung, wie sie in Paragraf 32 des Bundesteilhabegesetzes normiert wurde und ab 2018 angeboten werden soll.

Zunächst einige Sätze zur LIGA Selbstvertretung: Mehrere Organisationen von Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, in denen betroffene Menschen selbst alle Leitungs-, Verwaltungs- und Repräsentationsfunktionen bekleiden, haben sich vor 18 Monaten zur LIGA Selbstvertretung zusammengeschlossen. Grund dafür ist u.a. die hohe Wertschätzung, die Selbstvertretungsorganisationen in der internationalen Diskussion, beispielsweise im Zusammenhang mit der UN-Behindertenrechtskonvention, erfahren, auch in Deutschland zu etablieren.

Zurück zur unabhängigen Teilhabeberatung: Es gibt zwar noch keine Förderrichtlinie, aber wie Sie vermutlich wissen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bereits Eckpunkte hierzu veröffentlicht. Demnach soll das Beratungskonzept des Peer Counseling ein besonderes Förderkriterium darstellen. Das freut uns, haben wir diese professionelle Beratungsmethode der qualifizierten Beratung von behinderten für behinderte Menschen doch in Deutschland eingeführt und Leistungsanforderungen dazu entwickelt, siehe Anlage.

Gleichzeitig erfüllen uns die angedachten restriktiven Rahmenbedingungen mit Sorge, die es nach unserer Einschätzung vor allem großen Verbänden und Wohlfahrtsorganisationen erlauben, sich für die unabhängige Teilhabeberatung zu bewerben, die dann in der Regel aber nicht mehr unabhängig ist. Es würde aber das Ende des Peer Counseling bedeuten, wenn auf bestehende Beratungsangebote einfach das Etikett „Peer Counseling“ geklebt wird.

Um in Ihrem Bundesland tatsächlich eine wirklich unabhängige Teilhabeberatung auf der Grundlage des Peer Counseling zu etablieren, möchten wir Sie deshalb heute um Ihre Unterstützung bei folgenden vier Punkten bitten:

  • Bitte ermutigen Sie Selbstvertretungsorganisationen und Beratungsstellen in Ihrem Bundesland, die nach dem Konzept des Peer Counseling arbeiten, sich auf die kommende Ausschreibung zu bewerben.
  • Bitte unterstützen Sie kleinere Organisationen, das Beratungsangebot auch bei restriktiven Rahmenbedingungen realisieren zu können.
  • Vermutlich müssen Sie zunächst mangels einer ausreichenden Zahl von qualifizierten Peer Counseling–Angeboten auf etablierte Beratungsstrukturen zurückgreifen. Bitte schaffen Sie innerhalb der ersten dreijährigen Bewilligungsperiode die politischen Rahmenbedingungen, dass es danach flächendeckend echte unabhängige Peer Counseling–Beratungsstellen gibt und fördern Sie die Qualifizierung behinderter Menschen in Sachen Peer Counseling.
  • Bitte beteiligen Sie bei der Auswahl der förderungswürdigen Anträge die Landesbehindertenbeauftragten und – so vorhanden – den Landesbehinderten(bei)rat.

Wir hoffen auf Ihr Verständnis sowie auf eine gelungene Umsetzung der unabhängigen Teilhabeberatung in Ihrem Bundesland und stehen für Nachfragen gerne zur Verfügung. In der Hoffnung auf eine positive Rückmeldung und Ihr Engagement verbleiben wir

mit den besten Grüßen

Dr. Sigrid Arnade und Ottmar Miles-Paul