Berlin: Besser hätte der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel die Überschrift für seinen Inklusions-Newsletter für diesen Monat nicht wählen können: „Handeln ist erforderlich“. Dies gilt besonders heute am 19. Mai, da die Bundestagsabgeordneten nur noch 2 Tage Zeit haben, den Rahmen für ein gutes Barrierefreiheitsrecht zu setzen, bevor das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz morgen am 20. Mai im Bundestag verabschiedet wird. Ab 9:00 Uhr werden die Mitglieder des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales auf Tagesordnungspunkt 3 Änderungsanträge beraten und beschließen.
Da noch weitere Tagesordnungspunkte zur heutigen Ausschusssitzung hinzugekommen sind, beginnt diese nicht erst um 9:30 Uhr, sondern bereits um 9:00 Uhr. Auf Tagesordnungspunkt 3 der nichtöffentlichen Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales geht es um das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und einen Antrag für umfassende Barrierefreiheit der Grünen. Die Abstimmung über die Gesetzesvorlage und entsprechende Änderungsanträge im Ausschuss bietet die Grundlage für die Debatte und Abstimmung im Bundestagsplenum am 20. Mai, die nach derzeitiger Planung von 22:50 Uhr bis 23:30 Uhr auf der Tagesordnung steht. Da es oft zu zeitlichen Verzögerungen kommt, könnte es eventuell sogar eine Debatte zur Geisterstunde zum Barrierefreiheitsrecht im Bundestag werden, munkeln schon einige Aktive aus der Behindertenbewegung.
Link zur aktuellen Tagesordnung des Bundestagsplenums vom 19. bis 21. Mai 2021
Handeln ist nun also vor allem vonseiten der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD angesagt. Denn auch der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel sieht beim vorliegenden Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erheblichen Nachbesserungsbedarf. In seinem neuesten Inklusions-Newsletter schreibt er:
„Kurz vor dem Abschluss steht ein weiteres wichtiges Vorhaben des Gesetzgebers: Die Umsetzung des sogenannten European Accessibility Acts, der EU-Richtlinie für mehr Barrierefreiheit, in Deutschland. Das neue Gesetz trägt den Titel ‚Barrierefreiheitsstärkungsgesetz‘ und soll auch private Anbieter zu mehr Barrierefreiheit verpflichten. Auch hier gibt es noch Nachbesserungsbedarf: So haben Anbieter beispielsweise 15 Jahre Übergangszeit, um barrierefreie Selbstbedienungsterminals aufzustellen. Dieser lange Zeitraum ist nicht nachvollziehbar und wird nicht nur von mir kritisiert. Auch muss die bauliche Umwelt einbezogen werden – wem nutzt ein barrierefreier Geldautomat, wenn er nur über Stufen erreichbar ist? Ich hoffe sehr, dass das Gesetz im parlamentarischen Verfahren noch nachjustiert wird.“
Link zum aktuellen Inklusions-Newsletter von Jürgen Dusel
Interessant im Zusammenhang mit dem zögerlichen Handeln der Koalitionsfraktionen in Sachen Barrierefreiheit ist auch ein Slogan, den die Bundeswehr derzeit in Sachen Diversität und Inklusion in der Bundeswehr verbreitet. Dieser lautet: „Einigkeit und Recht und Barrierefreiheit„. Auch darüber könnte es sich für die Verantwortlichen Ausschussmitglieder von CDU/CSU und SPD lohnen, vor der heutigen Ausschusssitzung noch einmal nachzudenken.