Halle/Hamburg: Warum Barrierefreiheit dringend gesetzlich festgeschrieben werden muss, zeigt ein neuestes Beispiel: Die Luca-App, die bei der Kontaktverfolgung in der Corona-Pandemie helfen soll, ist für blinde und sehbehinderte Menschen bisher nicht barrierefrei zugänglich, wie der mdr berichtet. Heute, am 30. März, verbleiben den Bundestagsabgeordneten noch 88 Tage, um in dieser Legislaturperiode ein gutes Barrierefreiheitsrecht zu beschließen. Darauf weist ein Bündnis von Behindertenorganisationen angesichts der vielfältigen Diskriminierungen hin.
„Die Luca-App soll bei der Kontaktverfolgung in der Corona-Pandemie helfen. Das beschäftigt MDR AKTUELL Nutzer Mike Dallmann aus Leipzig. Die App sei nicht barrierefrei, schreibt er und will wissen: Wie kann das sein?“ So heißt es in einem Bericht des mdr von Stefan Kloos. Und weiter heißt es dort: „Leider sei diese App nicht barrierefrei, bedauert Prof. Thomas Kahlisch, Präsidiums-Mitglied beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, und Direktor der Deutschen Zentralbücherei für Blinde in Leipzig. ‚Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband fordert schon seit längerem – und findet leider zu wenig Aufmerksamkeit bei den politischen Entscheidungsträgern bislang –, die Barrierefreiheit gerade bei den Gesundheitsangeboten im digitalen Bereich stärker zu fördern, zu unterstützen und einzufordern‘.“
Gerade in der Corona-Pandemie hat sich immer wieder gezeigt, dass die fehlende Verpflichtung zur Barrierefreiheit, bzw. die Nicht-Umsetzung bestehender Verpflichtungen des Bundes und der Länder, zu massiven Benachteiligungen behinderter Menschen geführt haben. So gab es anfangs beispielsweise so gut wie keine Informationen über die Pandemie und die entsprechenden Vorschriften in Gebärdensprache bzw. in Leichter Sprache. Stück für Stück musste von den Behindertenverbänden die Barrierfreiheit der Informationen eingefordert werden, was noch längst nicht in allen Bereichen gelungen ist.
Nach über einem Jahr in der Pandemie hatten Behindertenverbände gehofft, dass die Verantwortlichen gelernt hätten, wie wichtig Barrierefreiheit ist. Das neueste Beispiel der nicht barrierefrei nutzbaren Luca-App, die beispielsweise bei der Verfolgung von Begegnungen in Restaurants oder bei Veranstaltungen im Infektionsfall durch die Gesundheitsämter helfen soll, erschwert erneut den Zugang für behinderte Menschen. „Blinde Nutzer*innen kommen bei der Version für das iphone nicht über den Startbildschirm hinaus, weil sie die Datenschutzerklärung nicht akzeptieren können. Der entsprechende Schalter funktioniert nicht“, so die Erfahrung von Heiko Kuhnert vom Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg.
Auch wenn das Problem hoffentlich leicht gelöst werden kann und hoffentlich auch wird, zeigt es, wie wichtig gerade auch für den Bereich privater Anbieter von Dienstleistungen und Produkten eindeutige gesetzliche Regelungen zur Barrierefreiheit sind, die nicht erst in einigen Jahren in Kraft treten. Hier besteht beim derzeit vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Barrierefreiheitsstärkungsgesetz noch erheblicher Nachbesserungsbedarf.
Link zum Bericht des mdr über die nicht barrierefreie Luca-App