Wahlrechtsausschlüsse rechtzeitig abschaffen

Berlin: Nachdem die Regierungskoalition wochenlang mit Personalquerelen und mit sich selbst beschäftigt war, muss diese nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung endlich in den Handlungsmodus kommen und dringende Probleme anpacken. Sei es die Umsetzung des Marrakesch-Vertrages, die verbindliche Verankerung von klaren Regeln zur Barrierefreiheit oder die rechtzeitige Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse vor der Europawahl, Handlungsbedarf gibt es genug. Dies bekräftigte die LIGA Selbstvertretung bei ihrem gestrigen Treffen, bei dem sie sich auch mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, austauschte.

Während Jürgen Dusel bekräftigte, dass die Abschaffung des Wahlrechtsausschlusses von Menschen, die in allen Angelegenheiten gesetzliche Betreuung nutzen oder in der Forensik sind, vom Zeitplan her noch vor der Europawahl möglich ist, machte sich bei allen Gesprächspartnern eine entsprechende Ungeduld breit. Während vor 100 Jahren das Wahlrecht für Frauen eingeführt wurde, werden noch ca. 84.000 Menschen, davon ca. 43.000 Frauen, vom Recht zu Wählen ausgeschlossen. Der Handlungsbedarf der Bundesregierung sei noch groß, um echte Chancengleichheit herzustellen und die UN-Behindertenrechtskonvention entsprechend umzusetzen. Gerade im sogenannten sozialen Wohnungsbau müsse sichergestellt werden, dass dieser wirklich sozial, sprich barrierefrei, ist, betonte beispielsweise Jürgen Dusel. Im Digitalisierungsrat des Kanzleramtes müssten unbedingt auch VertreterInnen von behinderten Menschen vertreten sein, genauso wie in den Gremien zu Bildungsfragen. Und die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen muss dringend festgeschrieben werden. „Zu tun hat die Regierung genug, ich hoffe, sie stellt sich nun diesen Fragen, nachdem sie sich an sich selbst ausgiebig abgearbeitet hat“, erklärte Dr. Sigrid Arnade, die erst letzten Freitag in Genf mit dabei war, um mit dem UN-Fachausschuss zur Behindertenrechtskonvention die vielen Fragen an die Bundesregierung für die zweite Staatenprüfung zur UN-Behindertenrechtskonvention vorzudiskutieren.