Deutschland muss Vorbild in Sachen Inklusion und Partizipation behinderter Menschen werden

Berlin: Nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung als Interessenvertretung von bundesweit aktiven Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen muss Deutschland endlich Vorbild in Sachen Inklusion und bei der Partizipation behinderter Menschen werden. Diese Erwartung äußert der Sprecher der LIGA Selbstvertretung, Ottmar Miles-Paul, im Vorfeld der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese findet am 29. und 30. August 2023 vor dem Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen in Genf statt.

„Nach den vielen Versäumnissen, beispielsweise bei der Inklusion im schulischen Bereich, beim Wohnen und im Bereich inklusiver Arbeit, muss Deutschland mit der nun erfolgenden zweiten Staatenprüfung nach 2015 einen Aufbruch zur inklusiven Gesellschaft vorantreiben. Wir müssen endlich eine internationale Vorbildrolle in Sachen Achtung der Menschenrechte behinderter Menschen einnehmen. Darauf warten nicht nur viele behinderte Menschen, sondern auch ihre Angehörigen und all diejenigen, die von einer inklusiven Gesellschaft profitieren – nämlich fast alle“, betonte Ottmar Miles-Paul. Das Leben vieler behinderter Menschen in Deutschland wird nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung immer noch von vielfältigen Barrieren geprägt, die ihnen den Zugang zu vielen Angeboten verwehren oder erschweren.

Zudem ist der hohe Grad der Institutionalisierung in Förderschulen, besonderen Wohnformen und in Werkstätten für behinderte Menschen ein zentrales Hemmnis für ein inklusiven Miteinander in den Gemeinden und Städten. „Wir erwarten daher, dass der UN-Ausschuss in Sachen Deinstitutionalisierung klare Ansagen und entsprechende Vorschläge machen wird. Die Exklusionskette von der Förderschule in die spezielle Werkstatt und das Wohnheim für behinderte Menschen muss endlich auch in Deutschland durch inklusive Angebote für ein Leben mittendrin in der Gesellschaft durchbrochen werden“, fordert Ottmar Miles-Paul.

Bei all den Maßnahmen, die ergriffen werden, müsse das Motto der internationalen Behindertenbewerung „Nichts über uns ohne uns“ eine zentrale Rolle spielen. Denn in der Vergangenheit wurde sehr viel über die Köpfe behinderter Menschen und ihren Interessenvertretungen hinweg entschieden. „Die Folge ist ein System, an dem zwar viele verdienen, das aber behinderte Menschen immer wieder in ihrer Selbstbestimmung und in ihren Menschenrechten beschneidet. Deshalb müssen behinderte Menschen und ihre Verbände selbst frühzeitig bei allen Maßnahmen beteiligt und ihre Stimme vor allem auch ernst genommen werden“, fordert der Sprecher der LIGA Selbstvertretung Ottmar Miles-Paul.

Hintergrund:

Link zum Parallelbericht der Zivilgesellschaft zur Staatenprüfung Deutschlands vor dem UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen:

https://www.deutscher-behindertenrat.de/ID292569

Link zum Parallelbericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte zur Staatenprüfung:

https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/parallelbericht-an-den-un-ausschuss-fuer-die-rechte-von-menschen-mit-behinderungen-zum-23-staatenpruefverfahren-deutschlands

Die LIGA Selbstvertretung ist ein Zusammenschluss von 13 bundesweit tätigen Selbstvertretungsorganisationen, die von behinderten Menschen selbst verwaltet, geführt und gelenkt werden.