Berlin: Der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention am 29. und 30. August 2023 in Genf sieht die Vorsitzende des Sprecher*innenrats des Deutschen Behindertenrats, Prof. Dr. Sigrid Arnade, mit einer positiven Spannung entgegen: „Insgesamt erwarte ich neuen Schwung für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Gleichzeitig hoffe ich, dass der eine oder die andere Regierungsvertreter*in endlich begreift, dass es um unsere Menschenrechte geht und nicht bloß um ein ’nice-to-have‘, das vielleicht irgendwann einmal in ferner Zukunft realisiert wird.“ Dies schreibt Prof. Dr. Sigrid Arnade, die die Delegation der Zivilgesellschaft in Genf leitet in ihrem Statement im Vorfeld der Staatenprüfung für die kobinet-nachrichten.
Statement von Prof. Dr. Sigrid Arnade, Sprecherratsvorsitzende des Deutschen Behindertenrat im Vorfeld der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
Es geht um unsere Menschenrechte
Ende August wird der UN-Fachausschuss in Genf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland zum zweiten Mal nach 2015 genau unter die Lupe nehmen. Dazu reist eine Regierungsdelegation mit Vertreter*innen von Bundes- und Landesministerien an. Ebenso zu Wort kommt die Zivilgesellschaft und das Deutsche Institut für Menschenrechte.
Da ich in diesem Jahr die Vorsitzende des Sprecherinnenrats des Deutschen Behindertenrats (DBR) bin, werde ich unsere Delegation der Zivilgesellschaft leiten. Bevor die eigentliche Prüfung Deutschlands beginnt, haben wir 90 Minuten lang die Gelegenheit, den Ausschussmitgliedern unsere Sicht nahezubringen. Dabei werden wir die Schwerpunkte des Parallelberichts „Menschenrechte jetzt!“ zusammenfassen.
Ich hoffe, dass wir den Ausschussmitgliedern verdeutlichen können, welche riesigen Probleme es hierzulande bei der Umsetzung der UN-BRK noch gibt. Wir werden betonen, dass wir in vielen Bereichen mehr Exklusion als Inklusion erleben, wie zum Bespiel im Bildungssystem oder auf dem Arbeitsmarkt. Wir werden auch darauf hinweisen, dass private Anbieter von Waren und Dienstleistungen immer noch nicht zu Barrierefreiheit und angemessenen Vorkehrungen verpflichtet worden sind. Auch die vielen Diskriminierungsrisiken für behinderte Menschen im Gesundheitsbereich werden wir ansprechen ebenso wie die unzureichende Reform des Betreuungsrechts, so dass rechtliche Betreuungspersonen nach wie vor stellvertretend entscheiden können.
Vor allem aber werden wir die Ausschussmitglieder zu kritischen Fragen an die Bundesregierung während der Staatenprüfung ermutigen und zu deutlichen Empfehlungen in ihren „Abschließenden Bemerkungen“, wie der Abschlussbericht der Staatenprüfung genannt wird. Diese „Abschließenden Bemerkungen“ werden sozusagen die Hausaufgaben für die Regierungen von Bund und Ländern für die nächsten Jahre darstellen sowie unser Handwerkszeug. Wir werden die Regierungen immer wieder mit diesen Handlungsaufträgen konfrontieren und zur Umsetzung auffordern.
Den Tagen in Genf sehe ich mit einer positiven Spannung entgegen: Insgesamt erwarte ich neuen Schwung für die Umsetzung der UN-BRK. Gleichzeitig hoffe ich, dass der eine oder die andere Regierungsvertreter*in endlich begreift, dass es um unsere Menschenrechte geht und nicht bloß um ein „nice-to-have“, das vielleicht irgendwann einmal in ferner Zukunft realisiert wird.
Link zum Parallelbericht der Zivilgesellschaft: https://www.deutscher-behindertenrat.de/ID292569
Links zu kobinet-Berichten über weitere Statements und Berichte zur Staatenprüfung in Genf
Martina Puschke zur Staatenprüfung: Menschenrechte Jetzt! – kobinet-Bericht vom 15. August 2023
Breite Kritik vor der Staatenprüfung Österreichs – kobinet-Bericht vom 3. August 2023