Abgeordnete sollen Chance für umfassende Barrierefreiheitsregelungen nutzen

Berlin: Von vielen wahrscheinlich unbemerkt sind im Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze auch einige Regelungen in Sachen Barrierefreiheit vorgesehen. In Artikel 25 auf Seite 58 des am 31. August 2022 vom Bundeskabinett verabschiedeten und in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurfs finden sich eine Reihe von Regelungen zur Änderung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes. Während diese lediglich darauf abzielen, bisher nicht EU-konforme Regelungen umzusetzen, fordert die LIGA Selbstvertretung die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, diese Chance der Gesetzesänderungen dafür zu nutzen, endlich private Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit zu verpflichten. Da dies im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, könnten die Bundestagsabgeordneten mit entsprechenden Änderungsanträgen dieses Versprechen noch in diesem Jahr einlösen, anstatt dieses auf die lange Bank zu schieben.

„Wir verpflichten in dieser Wahlperiode private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, innerhalb einer angemessenen Übergangsfrist zum Abbau von Barrieren oder, sofern dies nicht möglich oder zumutbar ist, zum Ergreifen angemessener Vorkehrungen“, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf Seite 78 äusserst klar. Die LIGA Selbstvertretung appelliert auf dieser Grundlage an die Fraktionsspitzen der rot-grün-gelben Regierungskoalition im Deutschen Bundestag, dieses Versprechen nicht auf die lange Bank zu schieben. Der vorliegende Gesetzentwurf biete nach Ansicht des Sprechers der LIGA Selbstvertretung, Ottmar Miles-Paul, eine gute Gelegenheit dieses im Koalitionsvertrag verankerte Ziel umzusetzen. „Die Evaluation des Bundesbehindertengleichstellungsgesetzes dürfte mittlerweile so gut wie abgeschlossen sein. Das Forum behinderter Juristinnen und Juristen hat bereits 2021 konkrete Vorschläge unterbreitet, wie die Verpflichtung zur Barrierefreiheit von privaten Anbietern von Dienstleistungen und Produkten mit Bedacht gesetzlich verankert werden könnte. Und solche Regelungen funktionieren beispielsweise in unserem Nachbarland Österreich seit einigen Jahren. Worauf wollen die Koalitionäre der SPD, der Grünen und der FDP also noch warten, endlich auch in Deutschland solche gesetzliche Regelungen zu verankern?“ fragt Ottmar Miles-Paul.
Wenn den Regierungsfraktionen daran gelegen ist, entsprechende Regelungen zur Barrierefreiheit wirklich gesetzlich zu verankern, wäre jetzt also eine gute Gelegenheit. Denn im Koalitionsvertrag sind nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung große Ziele in Sachen Barrierefreiheit verankert, die ein schnelles Anpacken gebieten. Dort heißt es auf Seite 78 nämlich auch:
„Wir wollen, dass Deutschland in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, vor allem aber bei der Mobilität (u. a. bei der Deutschen Bahn), beim Wohnen, in der Gesundheit und im digitalen Bereich, barrierefrei wird. Wir setzen dafür das Bundesprogramm Barrierefreiheit ein. Dazu überarbeiten wir unter anderem das Behindertengleichstellungsgesetz und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Wir setzen uns das Ziel, alle öffentlichen Gebäude des Bundes umfassend barrierefrei zu machen.“
Wenn die Koalition diese sich selbst gesteckten Ziele erreichen will, dann gilt es jetzt anzupacken, findet Ottmar Miles-Paul.